Stadttheater Giessen
    Da können Profis neidisch werden

    Da können Profis neidisch werden

    Riesenbeifall für Kinderoper „Die beiden Musikanten“ mit souverän agierenden Jugendlichen

      Nach Abklingen des Riesenapplauses spendierte Martin Gärtner, musikalischer Leiter der erfolgreichen Aufführung im TiL, für jeden Mitwirkenden ein Überraschungsei. Das hatten sich die jungen Sänger und Musiker für ihren Einsatz in der Kinderoper „Die beiden Musikanten“ redlich verdient. Auch das Publikum konnte sich über eine Überraschung freuen. Denn die rund einstündige Aufführung war nicht nur etwas für die Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel, sondern für alle Theaterfans.

    Die Akteure: Mitglieder des Kinder- und Jugendchores des Stadttheaters Gießen und des Orchesters der Musikschule. Was da den Jugendlichen mit fachlicher Unterstützung von Oliver Meyer-Ellendt (Regie), Thomas Döll (Bühne) sowie Jeremy Green (Choreographie) gelungen ist, kann es mit jeder Profi-Show aufnehmen.

     Die Kinderoper des zeitgenössischen britischen Komponisten Peter Maxwell Davies, der in seinem Heimatland zu den renommiertesten Musikern gehört, begeisterte in dieser gelungenen Gießener Wiedergabe das Publikum gleich von den ersten Klängen an. Nach dem Auftakt mit einer fast melodischen Orchesterpassage erwies sich das Stück bald als eine moderne Komposition mit komplizierten atonalen Liedern. Doch Orchester und Chor, die stimmlich und instrumental immer ganz bei der Sache waren, meisterten die schwierigen Tonfolgen ohne die geringste Unsicherheit. Die große Überraschung stellten die vier jungen Solistinnen dar, jede Rolle hat der musikalische Leiter wieder doppelt besetzt: Elfen-Königin: Giulia Gietzen (Georgia Benner), Elfen-König: Anna Schuppe (Sarah Mölleken), Musiker Storm: Mona Turski (Rahel Faber) und Musiker Gavin: Theresa Mera-Euler (Amelie Benner).

     Mit ihren klaren jugendlichen Stimmen gelang es ihnen, höchste Höhen zu erreichen, schwierige Tonfolgen zu gestalten, häufig in Art moderner Komposition gegen die Stimmführung in Orchester und Chor. Dabei gingen sie mit großer Begeisterung und jugendlichem Elan ans Werk. Das Publikum war hingerissen und quittierte die hervorragenden Darbietungen nicht selten mit Szenenapplaus.

     Ein Blick auf die Handlung: Wenn man sich vorstellte, die Menschen bräuchten nicht mehr zu arbeiten - wäre das wirklich eine gute Idee? Auf dem Weg in ihr Heimatdorf werden die beiden Musikanten Storm und Gavin plötzlich von einer ganzen Schar von Kobolden umringt. Gavin gelingt es zu fliehen, während Storm von den Kobolden in ihr unterirdisches Reich gezogen wird. Mit seinem Geigenspiel beeindruckt er die Kobolde so stark, dass sie ihm einen Wunsch gewähren. Und so wünscht sich Storm, dass in seinem Dorf niemand mehr arbeiten muss.

    Als er auf die Erde zurückkommt, sind die Dorfbewohner träge und faul geworden, die nur noch vor dem Fernseher sitzen und sich von den Kobolden zudem Autos, Lebensversicherungen und Beruhigungstabletten andrehen lassen. So hatte sich Storm das nicht vorgestellt, doch er hat noch rechtzeitig eine Idee: So holt er seine Geige hervor und spielt so lange, bis die Waldgeister sich vertrollt haben. Nach Vorstellung des Komponisten sind es ganz besondere Kobolde, die man wachen Auges in Schach halten muss: Die Kopf-Trolle wollen die Menschen zum Nichtstun überreden, doch die Botschaft der Kinderoper ist eindeutig: „Nichtstun macht faul, fett und alt. Arbeit macht Spaß, und was könnte es Schöneres geben als Musik.“

     Ein großer Anteil am Erfolg kommt Thomas Döll zu, dem es mit seinem geschickten Bühnenbild und den bunten Kostümen gelungen ist, eine richtige Märchenwelt zu zaubern. Der Choreograph Jeremy Green hat mit den Jugendlichen ein paar Tänze einstudiert, die fast einen Hauch von Broadway ins TiL brachten. Last but not least: Die Inszenierung von Oliver Meyer-Ellendt mit ihren kleinen ironischen Einfällen hat allen „von acht bis achtundachtzig“ bestens gefallen. Ulla Hahn-Grimm, 16.05.2011, Gießener Anzeiger